Wechselspiel von Schiedsverfahren und staatlichen Gerichten: wachsende Konfrontation oder friedliche Koexistenz?
pages 195 - 216
ABSTRACT:

Der Beitrag befasst sich mit dem Wechselspiel zwischen Schiedsverfahren und staatlichen Gerichten aus bilateraler Sicht. Man analysiert, inwieweit der Staat das jurisdiktionelle Fundament des Schiedsverfahrens einerseits anerkennt, und inwieweit andererseits die Formen der Interaktion zwischen Schiedsverfahren und staatlichen Gerichten der Bedeutung des Schiedsverfahrens gerecht werden. Die von den Autoren gezogenen Schlüsse zeigen, dass eine Abkehr von der Vertrags- bzw. nichtjurisdiktionellen Theorie des juristischen Wesens des Schiedsverfahrens als bloßes vorprozessuales Instrument stattfindet. Das Schiedsverfahren ist weltweit als alternative Form der Entscheidung von Streitigkeiten anerkannt. Das Prinzip, wonach "allein die Gerichte Recht sprechen", schließt für sich genommen noch nicht aus, dass Gerechtigkeit auch über Schiedsrichter erlangt werden kann. Hier sind klar Prinzipien abzugrenzen wie der vom Staat erbrachte Schutz von Rechten einerseits und dem Rechtsschutz als solchem andererseits, wobei die vom Staat wahrgenommene (gerichtliche) Schutzfunktion als Teilbereich des Schutzes von Rechten zu verstehen ist. Die Behauptung, einzig und allein die Justiz vermöge es, die staatliche Aufgabe zu formen und durchzusetzen, steht nicht recht im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Prinzipien, die an die Rolle des Rechts angelegt werden. Neben den allgemein anerkannten Rechtsmitteln zur Lösung privatrechtlicher Streitigkeiten stellt das Schiedsverfahren in der modernen Gesellschaft eine abdingbare Grundlage für privatrechtliche Prozessbeziehungen dar, die sich aus der Vertrags- und Willensfreiheit der an Geschäftsbeziehungen und am Wirtschaftsleben Beteiligten ergeben. Vor diesem Hintergrund geht das Wesen der Interaktion zwischen staatlichen Gerichten und dem Schiedsverfahren aus einem Konsensus hervor, wonach die Gerichte die notwendige Unterstützung erbringen und die Vollstreckbarkeit von Schiedssprüchen gewährleisten. Freilich erfährt diese Kontrollfunktion bezüglich des Schiedsverfahrens eine ganze Reihe von Einschränkungen. Die allgemeine Prämisse hinsichtlich der Funktion, welche die Gerichte dem Schiedsverfahren gegenüber einnehmen, wird im Wege der Kontrolle verschiedener Aspekte eingelöst, was die Organisation und den Fortgang eines Schiedsverfahrens anbelangt (also konkret die Ernennung der Schiedsrichter, Einreden gegen selbige, Niederlegung bzw. Entzug des Schiedsrichteramts, die Zuständigkeit von Schiedsgerichten und die Aufhebung von Schiedssprüchen), sowie im Wege einer Kontrolle derjenigen Aspekte, die die effektive Wahrnehmung der strittigen Parteieninteressen betreffen. Die grundlegenden Elemente der Tätigkeit, welche von Gerichten in Bezug auf das Schiedsverfahrens ausgeübt wird, bestehen in der gerichtlichen Hilfestellung bei der Beweisaufnahme, der Kompatibilität von gerichtlich erlassenen einstweiligen Verfügungen mit der Schiedsklausel, der Anerkennung und Vollstreckung von einstweiligen Verfügungen und schließlich der Anerkennung und Vollstreckung der Schiedssprüche.

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